Der Körper hat mehr zu sagen, als man denkt
Vortrag von Norman Ruch in der Buchhandlung Dörner – Großes Staunen bei den vielen Gästen
Rhein-Neckar-Zeitung
Wiesloch. (fab) Ein Vortrag beginnt selten ohne Worte. Doch bei diesem speziellen Thema war das erlaubt. Der Dozent begann mit einer kleinen pantomimischen Einlage. Sie zeigte den Alltag, morgens aufstehen, frisch machen, frühstücken und zur Arbeit fahren. Gewürzt mit witzigen Grimassen, die das Publikum zum Lachen brachten, gab die Einlage auch Anlass zum Nachdenken. Denn es war fast schon unheimlich, wie leicht man ohne Requisiten, Geräusche und eben Sprache eine Fahrt in einem Bus, auf einer Rolltreppe oder in der S-Bahn darstellen kann. Und dann auch noch mit einer solchen Eindeutigkeit. Norman Ruch ist Buchautor und Pantomime und gilt, so Uwe Dörner, als einer der besten Körpersprachetrainer Deutschlands. „Er erlernte die Kunst der Pantomime bei internationalen Künstlern“, sagte Dörner.
Zusammen mit dem Bund der Selbstständigen, dessen Vorsitzender Adrian Seidler die Gäste ebenfalls begrüßte, hatte die Buchhandlung Dörner zum „interaktiven Vortrag“ „Hoppla, mein Körper spricht“ eingeladen und mehr als 70 Besucher fanden sich ein. Das machte Uwe Dörner etwas nervös: Denn obwohl jeder freie Platz mit Stühlen und Bänken vollgestellt war und selbst auf der Treppe ins Obergeschoss schon Leute saßen, mussten einige Gäste stehen. Das machte aber nichts, denn binnen Kurzem standen alle Zuhörer. Wenn es um Körpersprache geht, reicht es nicht, nur mit Worten zu beschreiben, was gemeint ist. Man wurde selbst aktiv, musste auf Tuchfühlung gehen. Es galt, Distanzen zu überwinden, aber auch die eigene Scheu, etwa wenn man mit dem Nachbarn Kontakt aufnehmen musste. Durch Berührung, nicht durch Sprache.
Ruch kombinierte geschickt Hintergrundwissen mit einigen humoristischen Einlagen, er ist auch ein Comedian. So gab er beispielsweise Einblicke in die Entstehung des menschlichen Gehirns, um zu erklären, wie tief unser Verhalten, welches wir als so normal und alltäglich erleben, in unserer evolutionären Vergangenheit verwurzelt ist. Anhand praktischer Beispiele und kleiner Demonstrationen führte Norman Ruch quer durch sein Spezialgebiet. Dabei verweilte er nicht lange an einem Punkt, sondern hangelte sich schnell von Stichwort zu Stichwort. „Mit Gesten kann man unglaublich viel fokussieren“, erklärte der Körpersprachetrainer.
Dabei werden nicht alle Gesten überall auf der Welt gleich verstanden. Auch Körpersprache kennt kulturelle Unterschiede. Und allein die Bedeutung der einzelnen Finger unserer Hand, wie etwa dem Mittelfinger, der früher „Machtfinger“ war und heute „Stinkefinger“ ist, führte zu großem Staunen bei den Gästen. Dann war die Rede von „Spiegelneuronen“ im Hirn, die dafür verantwortlich sind, dass wir andere Menschen nachahmen können.
„Wenn jemand daheim mit der Familie spricht, dann geht er oft in den heimischen Dialekt über“, so Ruch. Diese Muster sind tief verwurzelt und man ist sich ihrer oft nicht bewusst.
Was dem Vortrag leider fehlte, war ein roter Faden. Zwar wurde deutlich, dass mit simplen Übungen zur Lockerung oder für eine aufrechte Haltung viel getan werden kann, aber genauso wurde man immer wieder abgelenkt von Ruchs Anekdoten und den begleitenden Theorien. Der Vortrag war allenfalls ein oberflächlicher Streifzug durch die Geheimnisse des menschlichen Verhaltens und seiner Ursachen. Doch immerhin ist Norman Ruch auch Buchautor und in seinem Werk gibt er tiefere Einblicke und Ratschläge. Seine Vielseitigkeit zeigte sich auch in einer musikalischen Einlage im Anschluss an den Vortrag. Zusammen mit Dagmar Küchlin, der Sängerin der SAP Big Band, spielte er ein kleines Jazz-Konzert auf der Gitarre. So ging dann ein sowohl interessanter wie auch unterhaltsamer Abend zu Ende.
Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung vom 8. Juli 2011
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