Mittelstandskundgebung des BDS auf der Muswiese 2018
Boris Palmer lässt den Dibbel bohren
Bei der Mittelstandskundgebung hat sich der Tübinger
Oberbürgermeister Boris Palmer als bierzelttauglich erwiesen.
Im Handumdrehen hat er die Zuhörer auf seiner Seite (von Erwin Zoll, HT).
Podium der Mittelstandskundgebung Muswiese 2018
Wer geglaubt hatte, Boris Palmer sei es leid, immer wieder mit seinem Vater,
dem berühmt-berüchtigten Remstal-Rebellen Helmut Palmer, in Verbindung gebracht
zu werden, sah sich getäuscht.
Schon zu Beginn seiner Rede weckte der 46-jährige Kommunalpolitiker zum größten
Vergnügen der Zuhörer die Erinnerung an seinen Senior, der Beamte als „Sesselfurzer“,
„Taugenichtse“ oder „Allmachtsbachl“ bezeichnet habe. Mehr noch: Helmut Palmer war
während der Rede seines Sohnes allgegenwärtig, denn immer wieder rief dieser eine
Redewendung seines Vaters auf: „Dem g’hört doch der Dibbel bohrt!“ Das soll ungefähr
so viel heißen wie: Einer Person solle der Schädel geöffnet werden, damit Dummheit
oder Arroganz oder was auch immer entweichen könnten.
Oberbürgermeister der Stadt Tübingen: Boris Palmer
Die Hohenloher Zuhörer
sprachen diese schwäbische Aufforderung teils begeistert mit.
Den Dibbelbohrer will Palmer zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik anwenden. Er
rzählte von einem Gastwirt, der aus Personalnot eine aus dem Kosovo geflüchtete
Frau beschäftigt habe. Diese Frau sei nach einem Jahr abgeschoben worden.
em setzte Palmer den Fall des Ali. B. entgegen, des mutmaßlichen Mörders des
Mädchens Susanna. Der hatte sich mit Erfolg gegen seine Abschiebung gewehrt.
„Wer die Anständigen abschiebt und die Verbrecher behält, dem gehört der Dibbel
gebohrt“, sagte Palmer. Palmers Rezept für die Migrationspolitik heißt „doppelter Spurwechsel“:
Einerseits sollten Asylbewerber, „die sich anständig verhalten, die die deutsche
Sprache lernen und niemandem zur Last fallen“, auch dann bleiben können, wenn
ihr Asylantrag abgelehnt werde. Andererseits sollen Asylbewerber, „die Ärger machen“,
in einer „geschlossenen Einrichtung“ auf eine Entscheidung über ihren Antrag warten
müssen. „Solche Leute können wir nicht frei in unseren Städten rumlaufen lassen.
Das beschädigt das Asylrecht und seine Akzeptanz in der Bevölkerung“, betont Palmer.
er die AfD klein halten wolle, müsse Lösungen für die Probleme anbieten.
Bei seinem Einzug in die bis auf den letzten Platz besetzte Reithalle war der
grünen-Politiker, der in seiner Partei oft auf heftigen Widerspruch stößt, begeistert
empfangen worden. Besucher schüttelten im Gang zwischen den Tischen seine
Hand, andere applaudierten anhaltend.
Bürgermeister der Gemeinde Rot am See: Siegfried Gröner
Bürgermeister Siegfried Gröner bescheinigte
dem Ehrengast, er spreche Dinge an, die andere nicht hören wollten, „zum
Beispiel in seiner eigenen Partei“. Gröner bezeichnete Palmer, der eingeladen
worden war, nachdem Ministerpräsident Winfried Kretschmann zum zweiten
Mal seine Zusage zurückgezogen hatte, als „hochwertigen Ersatz“. Dass Gröner
von Kretschmanns Verhalten wenig begeistert ist, war erkennbar, obwohl er sagte,
er habe „ein wenig Verständnis dafür“. „Im nächsten Jahr werden wir keine Absage
mehr erhalten, denn wir laden die Politiker immer nur zweimal ein“, sagte Gröner
unter dem Beifall der Zuhörer.
Ein wenig Trost erfuhr Gröner von Boris Palmer,
der dazu bemerkte: „Es ist egal, ob der Bürgermeister ein Gröner ist oder ein
Grüner, Kretschmann hätte in beiden Fällen abgesagt.“
Präsident des BDS Landesverbandes Baden-Württemberg: Günther Hieber
Zu Beginn der Kundgebung hatte Günther Hieber, Präsident des
baden-württembergischen „Bunds der Selbständigen“ (BDS),
auf Probleme des Mittelstands aufmerksam gemacht, zum
Beispiel auf die Schwierigkeiten, die die Datenschutzgrundverordnung
den Betrieben bereite.
Vorsitzender des BDS Rot am See: Darius Kowalik
Darius Kowalik, Vorsitzender des BDS Rot am See überreichte Palmer
einen Fahrradrucksack – dann schlug noch einmal Palmers Stunde:
Er verkaufte und signierte sein Buch „Wir können nicht allen helfen“,
das ihm die Besucher förmlich aus den Händen rissen.